Tansania 3
Stachellose Bienen sind tropische und subtropische Bienenarten, die meist wesentlich kleiner als unsere europäische Honigbiene sind und deutlich weniger Honig liefert. Warum sollte man sich dann die Mühe machen, sie zu halten? Ich habe darüber mit Philipo gesprochen, der zusammen mit seiner Frau eine kleine Kaffeeplantage und eine Imkerei in der Nähe von Karatu betreibt.
Philipos Kaffee-Plantage
Im Norden von Karatu liegt Philpos Kaffeeplantage und die Imkerei mit stachellosen Bienen (Meliponini), die er mit seiner Frau betreibt. Gleich hinter dem Haus liegt ein Teil der Plantage, zusätzlich hat er noch ein Anbaugebiet etwas weiter weg. Ganz in der Nähe sind mehrere Lodges. Das ist gut, denn ab und zu kommen von dort ein paar Touristen, denen er Kaffee-Ernte und Rösterei erklärt und die dann etwas Kaffee und Honig kaufen. Mein Gastgeber Stephan kennt ihn schon länger, und wir werden wie alte Bekannte begrüßt. Das Schälen der Kaffeekirschen und das Rösten wird per Hand mit altertümlichen Geräten gemacht. Das ist interessant und der Kaffee ist stark und gut. Philipo erklärte alles bereitwillig und sehr anschaulich. Mich interessierten hier aber mehr seine Bienen.
Die stachellosen Bienen
Philipos Bienen sind deutlich kleiner als unsere Honigbienen (Apis mellifera). Er sagt, dass dass er Dammar Bienen (Tetragonula iridipennis) hält. Das ist etwas ungewöhnlich, denn die kommen (laut Wikipedia) nur in Sri Lanka, Indien und Indonesien vor – vielleicht wurden sie ja importiert? Stachellose Bienen leben in tropischen und subtropischen Gebieten und können in Europa nicht angesiedelt werden. In Gewächshäusern können sie aber nützlich sein denn sie sind gute Bestäuber und manche Pflanzen werden bevorzugt von ihnen besucht.
Anders als bei unseren Bienen hört man kein Summen und Brummen. Man muss mehrmals hinschauen, um die kleinen schwarzen Insekten, die man zuerst für Fliegen halten könnte, überhaupt zu entdecken.
Die Stachellosigkeit macht sie für Menschen weniger gefährlich – ganz wehrlos sind sie aber nicht! Sie können beißen und Ameisensäure verspritzen. Das fühlt sich dann schon wie ein unangenehmer Mückenstich an. Insgesamt sind sie aber noch friedlicher als die Honigbienen (-> Blogartikel folgt). Unser Besuch bei Philipo, bei dem nun wirklich viele Bienen rumfliegen, blieb ohne jede schmerzhafte Attacke.
Ein autodidaktischer Imker
Philipo hat etwa 25 Stöcke, die im Hof neben dem Haus aufgehängt sind. Meist sind es die traditionellen, längs aufgesägten Baumstämme, die von den Bienen gerne spontan besiedelt werden. Inzwischen benutzt er aber auch einfachere Holzkästen, die für die Honigernte leichter zu öffnen sind. Damit will er seinen Bestand auf 35 Stöcke erweitern. Eigentlich war die Ansiedlung der Bienen dafür gedacht, die Bestäubung seiner Kaffeepflanzen zu verbessern, inzwischen ist aus dem Hilfsmittel ein ganz lukratives eigenes Geschäft geworden.
Philipo hat sich die Imkerei weitgehend selbst beigebracht und experimentiert jetzt mit optimalem Sonnen- und Regenschutz. Ursprünglich hat er Abdeckungen aus Wellblech benutzt. Das ist in Tansania auch das Übliche für Häuser. Während Menschen in solchen „Backöfen“ noch leben können (angenehm ist es nicht!), leiden die Bienen sehr darunter: das Volk wird durch die starke Aufheizung geschädigt – bei besonders starker Hitze findet er eine Menge toter Bienen unter den Stöcken. Und manchmal schmelzen sogar die Waben und der Honig läuft heraus. Philipo hat durch Versuch und Irrtum gelernt. Jetzt verwendet er Grasabdeckungen, die seine Völker besser schützen.
Trotz vieler Völker auf engem Raum hat er bisher keine Probleme mit Schädlingen und Bienenkrankheiten.
Der Honig
Tropischer Honig, sowohl von stachellosen als auch von gewöhnlichen Honigbienen hat einen höheren Wassergehalt und ist flüssig. Es heißt deshalb nicht man „isst“, sondern man „trinkt“ Honig. Stachellose Bienen bauen ihre Waben aus Pflanzenharzen, das gibt dem Honig ein ganz besonderes Aroma. Dem Honig der stachellosen Bienen werden auch vielfache medizinische Wirkungen z.B. bei Wundheilung und als Antibiotikum zur Behandlung von Entzündungen zugesprochen.
Während unser Honig vor allem die Einfachzucker Glukose und Fruktose und nur sehr wenige Zweifachzucker wie Rohr- und Malzzucker enthält, dominiert im Honig stachelloser Bienen der Zweifachzucker Trehalulose, der auch von Diabetikern gut vertragen wird und als sehr gesund gilt. Durch den hohen Wassergehalt ist der Honig leicht fermentierbar. In Südamerika wird daraus (mit Zusatz bestimmter Baumrinden) ein alkoholisches, halluzinogenes Getränk gebraut. Philipo weiss von fermentiertem Honig allerdings nichts.
Die traditionelle Imkerei mit stachellosen Bienen geht weltweit zurück. Besonders in Südamerika befürchtet man, dass Erfahrung und Wissen darüber verlorengeht. In Tansania scheint es aber eine Wiederentdeckung zu geben, zumindest habe ich von mehreren kleineren Imkereien gehört, die sich auf stachellose Bienen spezialisiert haben.
Die Honigausbeute ist mit ca. 1,5 Liter pro Volk und Jahr sehr gering (zum Vergleich: die europäische Honigbiene liefert 20 und mehr Kilo pro Volk und Jahr, manche Kolonien bringen bis zu 100 Kilo!). Der besondere Geschmack des Honigs von stachellosen Bienen erlauben aber einen hohen Preis der manchmal bei 10 Euro/100g liegt. Dieser Preis ist bei den vielen Touristen in der Karatu-Region auch erzielbar.
Kein Wunder, dass Philipo seine Honigproduktion ausweiten will. Sie bringt, wie er uns verrät, inzwischen mehr Einkommen als der Kaffee.
Und hier ist ein Link zu Philipo‘s Coffee Farm mit vielen weiteren Fotos in den Rezensionen.
Autor:
Wolfgang Nellen, BioWissKomm
Cover-Foto:
Von José Reynaldo da Fonseca – Eigenes Werk, CC BY 2.5, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=969999
alle anderen Fotos: Stephan Auner und Wolfgang Nellen