Warum trinken Europäer viel Milch
und Asiaten nicht?
Das Enzym Laktase zerlegt Milchzucker (Laktose) in zwei Teile: Glukose und Galaktose. Die können weiter verdaut werden und schaffen viel Energie. Alle Säuglinge, egal ob Mensch, Rind oder Wal, haben Laktase, meistens jedoch nur im Säuglingsalter.
In Nordasien und Europa (und damit auch bei Amerikanern und Australiern europäischer Herkunft) hat sich vor etwa 7.000 Jahren eine Mutation durchgesetzt, sodass auch Erwachsene Laktase produzieren. Damit wurde, zuerst bei den frühen Viehzüchtern, eine wertvolle neue Nahrungsquelle erschlossen. Mehr als 85% der Europäer haben diese Mutation.
In Afrika, Südamerika und im südlichen Asien vertragen die meisten Erwachsenen (ca. 70%) keine oder nur wenig Milch – sie sind Laktose-intolerant. Der Milchzucker wird nicht gespalten sondern stattdessen von Darmbakterien vergoren. Dabei entsteht CO2, Methan und Wasserstoff. Das führt zu Blähungen, Unwohlsein und Erbrechen. Interessant: in Afrika verträgt der größte Teil der Beduinen und Tuareg ebenfalls Milch. Beide sind seit tausenden von Jahren Viehzüchter.
Für Europäer ist es normal, Milch zu trinken, für andere ist es normal, keine (oder nur wenig) Milch zu trinken.
Menschen sind vielfältig und unterschiedlich – und das ist gut so.
In der letzten Zeit wird häufig behauptet, es sei „unnatürlich“ Milch zu trinken. Der öffentlich-rechtliche Rundfunksender BR24 schreibt z.B. (1.6.2022):
„Durch diesen fortgesetzten Milchkonsum halten wir uns in einem Dauerzustand des Säuglings. Von Natur aus ist es nicht vorgesehen, dass wir als Erwachsene noch Milch verarbeiten können. Und viele Menschen spüren das ja auch in ihrer Laktose-Intoleranz.“ Agrarhistorikerin Dr. Barbara Orland.
Diese Aussagen sind einfach falsch, auch wenn sie von einer promovierten Agrarhistorikerin stammen. Wir „halten uns nicht in einem Dauerzustand des Säuglings“. Das Enzym zum Abbau von Milchzucker wird produziert, egal ob wir Milch trinken oder nicht.
Man mag religiös an eine Vorsehung Gottes oder der Natur glauben. Auf einer Wissensseite und aus der Feder einer Wissenschaftsredakteurin ist das jedoch unpassend.